Aktuell stellt sich die Szene der deutschsprachigen Mikronationen so vielfältig und interessant wie nie zuvor dar. Es gibt eine recht große Zahl von unterschiedlichen Simulationskonzepten, unzählige Staats- und Regierungsformen, die unterschiedlichsten kulturellen Ausgestaltungstiefen, verschiedenste Realitäts- und Zeitbezogenheiten und enorm differierende Niveaus der technischen Ausgestaltungvarianten.
Ob einfacher Blogstaat oder aufwendig und liebevoll mit unzähligen zusätzlichen Homepages ausgestaltete Kulturnation, dazwischen existieren unzählige Abstufungen und Varianten. Ob absolutistische, konstitutionelle oder Wahlmonarchie, ob föderale, präsidiale, Räte- oder Stammesrepublik, ob kommunistischer Staat, Militärdiktatur, Bananenrepublik oder Theokratie, die Zahl der existierenden Staats- und Regierungsformen ist schier unendlich. Es existieren historische und historierende Nationen neben solchen, welche die Vergangenheit in die Gegenwart transferieren ebenso wie neben jenen, die einen recht starken und an realen Ländern orientierten Gegenwartsbezug habe oder aber auch anderen, die den Versuch unternehmen, eine mehr futuristische Nation zu simulieren.
Ein Teil der Mikronationen fokussiert sich auf die kulturelle Ausgestaltung und ein interessantes gesellschaftliches Leben. Ein anderer Teil legt Wert auf ein bestmöglich funktionierendes politisches Leben mit allen dazu gehörenden Institutionen und Verfahren, während wieder andere Länder einem gut funktionierendes und interessantes Rechtswesen mit allen Bereichen der Judikative höhere Priorität einräumen.
Auch auf eine mehr oder minder gut funktionierende Wirtschaftssimulation inklusive Banken und virtuellem Zahlungsverkehr orientieren sich verschiedenste Nationen, während weitere vorrangig die Unterhaltung an ihrem Projekt "Mikronation" sehen und vor allem Spaß haben wollten.
Auf der Grundlage der zwei aktuell etablierten Kartenprojekten mit den unabhängig voneinander existierenden Weltkarten der virtuellen Kartenorganisationen OIK (Organisation für Internationale Kartographie) und der CartA (Cartographie-Assoziation) ist derzeit eine recht weit gehende Trennung der MN-Gemeinschaft festzustellen. Diese wird derzeit durch die Schaffung und Ausgestaltung rein kartenbezogener Projekte, Institutionen und Organisationen, vorrangig seitens der CartA, weiter vertieft. Ein Teil der Mikronationen will sich jedoch nicht mit diesem Zustand und der Entwicklung nicht abfinden und simuliert auf der Grundlage von Karteneinträgen auf beiden Karten "weltübergreifend".
Hintergrund der verschiedenen Weltkarten und der damit einher gehenden Trennung der Gemeinschaft sind unterschiedliche ausgestalterische Ansätze und Anforderungen betreffend die kulturelle Ausgestaltung und der Realitätsbezogenheit der auf der jeweiligen Karte verzeichneten Mikronationen.
Die OIK hat historisch bedingt recht geringe Anforderungen an die Eintragungskandidaten und damit nur sehr wenige Gründe, eine neue Mikronation nicht auf ihrer Karte zu verzeichnen. Die Karte der OIK gestaltet sich daher als recht vielfältiges und breit gefächertes Sammelsurium unterschiedlichster Länder mit nur eingeschränkten Bezügen zu den jeweiligen Nachbarn.
Im Gegensatz dazu verlangt die CartA von einer eintragungswilligen Nation eine recht tiefe Ausgestaltung, einen weitgehenden Gegenwartsbezug und an der Realität orientierten Klimazonenbezug. Dadurch entstand eine Karte mit realweltorientierten Klimazonen, welche auch wegen des Gegenwartsbezugs der meisten Nationen eine bessere und glaubwürdigere länderübergreifende Interaktion ermöglichen kann.
Trotz dieser Trennung der Gemeinschaft der deutschsprachigen Mikronationen lebt diese ungebrochen aktiv weiter und in jeder der beiden Teilgemeinschaften gibt es immer wieder interessierte und kreative Mitspieler, welche mit ihren Ideen das Leben der bestehenden Mikronationen vielvältig und unterhaltsam gestalten. Auch neue Länder erscheinen immer wieder und bereichern mit manch origineller und neuer Idee die Welt der Mikronationen.
Wenn viele dieser Neugründungen auch nicht von beständiger Dauer sind, so fließen doch manche der eingebrachten und umgesetzten Gedanken in die Simulationen schon länger bestehender oder weiter bestehener Länder ein. Man kann hier gern den Konkurrenzgedanken einbringen, welcher das Geschäft belebt.
Gute, die Mitspieler fesselnde und unterhaltende Konzepte, oder gar solche, die in der Lage sind neue Mitspieler zu gewinnen, werden sich durchsetzen und Bestand haben.